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(YK). Eine Großübung, wie sie aufgrund der langen Planungszeit nur alle paar Jahre stattfinden kann, aber auch stattfinden muss, veranstalteten in der Nacht von Samstag auf Sonntag der Landkreis Hersfeld-Rotenburg und der Schwalm-Eder-Kreis. Für die Ausarbeitung der Übung durch den Landkreis Hersfeld-Rotenburg, den Regierungspräsidium Kassel und die Bundespolizei wurde bereits im März 2021 eine Arbeitsgruppe mit Beteiligten aus verschiedenen Organisationen unter Federführung des RP Kassel gebildet.

An der Übung nahmen Kräfte der Rettungsdienste und der Feuerwehr aus beiden Landkreisen teil. Mit dabei waren auch die Bundespolizei und die Rettungszüge aus Kassel und Fulda. Als Beobachter war ebenfalls eine Abordnung der Bundeswehr mit sieben Offizieren anwesend. Unterstützt wurden die Übungskräfte von der Schutzpolizei aus Rotenburg a.d. Fulda und Bad Hersfeld, die für den Verkehrsraum rund um das Übungsgebiet zuständig waren und für einen reibungs- und behinderungslosen Pendelverkehr der Übungskräfte sorgten. Die Landstraße zwischen Hausen und Ersrode musste von der Polizei bis vier Uhr voll gesperrt werden, da das Südportal des Schalkenbergtunnels unmittelbar an der L3254 liegt und der gesamte Bereich als Rettungsplatz benötigt wurde. Schon am Tage wurden über 100 Statisten mit mehr oder weniger schweren Verletzungen durch die hierfür von ausgebildeten Maskenbildnern (Gruppe Crash-Art Unfalldarstellung) der Rettungsorganisationen geschminkt und kurz vor Übungsbeginn, der für 0 Uhr angesetzt war, auf die zugewiesenen Plätze verlegt. Übungsort war der 2.834 Meter lange Schalkenbergtunnel zwischen den Ortschaften Hausen und Ersrode. Laut Übungsszenario sollte dort ein ICE gegen eine Kuhherde gefahren und aus den Schienen gesprungen sein. Der ICE war mit 105 Fahrgästen besetzt, von denen 25 Personen so schwer verletzt waren, dass sie teilweise liegend aus dem Zug gerettet werden mussten. Andere Fahrgäste konnten den Zug eigenständig verlassen und liefen durch den Tunnel zum Nord- und Südportal, wo sie von Helfern der Feuerwehr empfangen und zum Sanitätsbereich gebracht wurden. Bevor jedoch die Verletzten aus dem Zug gerettet werden konnten, musste der Tunnelbereich von Notfallmanagern der Bahn stromlos gemacht und die Oberleitung geerdet werden. Unter schwierigsten Bedingungen mussten die teilweise schwerverletzten Fahrgäste aus ihrer misslichen Lage befreit und aus dem Tunnel gebracht werden. Dafür setzte die Feuerwehr auch spezielle Rollwagen ein, mit denen die Patienten zu den Rettungszügen gebracht wurden. Die Rettungszüge fuhren die liegenden Verletzten dann zu den Tunnelportalen, wo sie von Notärzten und dem Rettungsdienst in Empfang genommen und weiterversorgt wurden. Unter den Rettern befanden sich Sanitäter und Rettungsassistenten vom DRK, dem Malteser Hilfsdienst und der Johanniter-Unfall-Hilfe, die hervorragend zusammen harmoniert haben. Eine mobile Einsatzleitung, die mit Führungskräften aller teilnehmenden Organisationen besetzt war, übernahm die Koordination des Einsatzes von der Alarmierung bis zum Abtransport der Verletzten. Auch Regierungspräsident Mark Weinmeister und der Landrat des Kreises Hersfeld-Rotenburg Torsten Warnecke machten sich ein Bild vom Ablauf der Übung. Gespannt verfolgten auch Tanja Dittmar, Kreisbrandinspektorin in Schwalm-Eder-Kreis (SEK), Marco Kauffunger, Kreisbrandinspektor des Landkreises Hersfeld-Rotenburg (HEF-ROF) und Mario Mißler, Stellvertretender Dezernatsleiter Brand- und Katastrophenschutz im Regierungspräsidium Kassel die Übung und die Leistungen der Einsatzkräfte. Die Anforderungen bei der Übung und auch die Verletzungsbilder, die sich den Einsatzkräften darstellten waren sehr vielfältig und durch die hohe Kunst der Maskenbildner sehr realitätsnah. Die Verletzten lagen nicht nur in den Zugabteilen, sie irrten auch im Bahntunnel umher. Sie galt es zu erkennen und den entsprechenden Betreuungsabschnitten zuzuführen. Notärzte beurteilten das Verletzungsbild, bevor die Patienten dann weiter auf die Versorgungsbereiche verteilt und später in die umliegenden Krankenhäuser (Haus der Generationen in Heinebach) transportiert wurden. Für die Betreuung der Verletzten waren auch Notfallseelsorger im Einsatz, die Zeitgleich mit allen anderen Einsatzkräften alarmiert wurden. Es war beachtenswert, mit welchem Einsatz die einzelnen Rettungstrupps ihre Arbeit vollbrachten, aber auch wie perfekt schauspielerisch die Komparsen, bei denen es sich um Dienstanfänger bei der Bundespolizei handelte, ihre Rolle als Verletzte spielten. Während der Übungszeit war der Tunnel von 23 Uhr bis 6 Uhr für den Zugverkehr gesperrt.

Zu einer Großübung gehört aber nicht nur, dass die Rettung von Verletzten aus einer Notlage geübt wird, auch die Betreuung und Versorgung der Kräfte vor Ort hat seinen Platz im Übungsablauf. In mehreren Bereichen beider Tunneleingänge wurden Verpflegungs- und Betreuungspunkte angelegt, die für die Einsatzkräfte gut zu erreichen waren und kurze Wege garantierten. Die Versorgung wurde von Helfern der Malteser und der Johanniter durchgeführt die von der Deutschen Bahn ermöglicht wurde.

Gegen 5 Uhr meldete der Übungsleiter Übungsende und zog kurze, vorläufige Bilanz. In einem Nachgespräch der Übungsbeobachter werden in den nächsten Tagen besonders aufgetretene Fehler besprochen und nach einer Lösung für einen in dem Fall noch besseren Ablauf, sollte es zu einem Realfall kommen, gesucht. Diese Aufarbeitung wird noch über Wochen, wenn nicht sogar Monate andauern, bevor eine Lösung auch umgesetzt werden kann.

Fazit der Übung – wir sind grundsätzlich gut aufgestellt, die Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Organisationen ist sehr gut. Darum ist es wichtig, dass diese Organisationen in meist sehr zeitaufwendigen Übungen die Zusammenarbeit proben. Das Ineinandergreifen von perfekten Leistungen ehrenamtlicher und hauptberuflicher Rettungshelfer ist die ideale Kombination um dem Bürger auch weiterhin das Gefühl der Sicherheit in einem schweren Unglücksfall zu übermitteln. Final dankte der Kreisbrandinspektor Marco Kauffunger den Einsatzkräften für ihren Einsatz und die gute geleistete Arbeit. Am frühen Sonntagmorgen kehrten dann alle Einsatzkräfte erschöpft wieder zurück zu ihren Familien und so manche Helferin, so mancher Helfer konnte dann noch lange nicht schlafen, weil auch eine Übung danach erst einmal seelisch verarbeitet werden muss.



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